Norwegischer Same mit Rentier

Die Sami - Lapplands Ureinwohner

Die Indianer Amerikas und Maori New Zealands ­verbinden die meisten sofort mit dem Begriff ­„Ureinwohner“. Doch dass es auch im nördlichsten Teil Europas eine Urbevölkerung gibt, ist weniger ­bekannt.merken
Die Indianer Amerikas und Maori New Zealands ­verbinden die meisten sofort mit dem Begriff ­„Ureinwohner“. Doch dass es auch im nördlichsten Teil Europas eine Urbevölkerung gibt, ist weniger ­bekannt. Das mag daran liegen, dass es sich um eine verhältnismäßig kleine Volksgruppe handelt – oder daran, dass die Kolonialisierung in Skandinavien ­weniger blutig und gewaltsam verlief. Vielleicht liegt es auch daran, dass keine Hollywood-Filme über die Sami gedreht wurden. Nichts desto trotz hat eine ­Kolonialisierung des Landes der Sami stattgefunden und es handelt sich nach wie vor um einen unrühmlichen Teil der skandinavischen Geschichte, den die nordischen Staaten erst in der letzten Zeit aufzuarbeiten versuchen.

Kurzinfo

Die Indianer Amerikas und Maori New Zealands ­verbinden die meisten sofort mit dem Begriff ­„Ureinwohner“. Doch dass es auch im nördlichsten Teil Europas eine Urbevölkerung gibt, ist weniger ­bekannt.
Laut Definition der Vereinten Nationen spricht man von einer Urbevölkerung, wenn die heutige Bevölkerung von Vorfahren abstammt, die eine bestimmte Region bewohnten, bevor diese erobert oder ­kolonialisiert wurde. Als entscheidendes Merkmal gilt der ausgeprägte Wille, seine Kultur und ethnische ­Identität beizubehalten und an die nachfolgenden ­Generationen weiter zu geben. Anerkannte Archäologen stimmen darin überein, dass die Sami seit ­mindestens 3.000 Jahren das samische Kernland ­bewohnt haben. Sie haben einen langen, durch­gehenden historischen Bezug zu der Umgebung, in der sie ihre Kultur entwickelten, und bis zu einem ­gewissen Grad haben sie ihre traditionelle Lebensweise wie die Rentierhaltung oder das samische Kunsthandwerk (samisch: duodj) beibehalten.
Samen oder Lappen?
Auch wenn die Bezeichnung „Lappen“ bekannter ist als Sami, sollte man diesen Begriff verwenden, weil sich die Sami selbst so bezeichnen. Trotz der Übergriffe und Repressalien, die viele Sami ihrer Muttersprache sowie ihrer Land-, Wasser-, Jagd- und Fischerei­rechte beraubt haben, ist die samische Kultur im Norden Skandinaviens nach wie vor lebendig. Die traditionellen Trachten, samisch „gakti“, werden bei feierlichen Anlässen oder auch „nur“, um die samische Iden­tität zu unterstreichen, getragen. Der samische Nationalfeiertag „Samefolkets dag“ am 6. Februar wird seit 1986 überall in den samischen Gebieten gefeiert und er breitet sich aus: 2006 wehte die samische Flagge sogar über dem Stadhuset, dem repräsentativen Stock­holmer Rathaus. Heute leben noch 10 bis 15 Prozent der schwedischen Sami ganz oder teilweise von der Rentier-Haltung, einem Erwerbszweig, der in Schweden allein den Sami vorbehalten ist.
Die heutigen Sami
In ganz Skandinavien leben heute um die 80.000 Sami, ein Viertel davon allein in Schweden. Exakte Zahlen liegen nicht vor, da der schwedische Staat – aus historischen Ursachen – die ethnische Abstammung seiner Einwohner nicht registriert. Die meisten Sami, die von der Rentier-Haltung leben, leben im schwedischen Teil Lapplands. Heute wohnt jedoch kein Same mehr in einer Kåta oder führt ein Leben als ­Nomade wie es ihre Vorfahren zu Beginn und um die Mitte des 20. Jahrhunderts noch taten. Dahingegen haben Familien, die Rentiere halten, heutzutage oft mehrere Wohnsitze in dem weitläufigen Gebiet, in dem die Rentiere dem Zyklus der Jahreszeiten folgend ­herumziehen. Meist sind es die Männer, die sich um die Rentiere kümmern und unabhängig von der ­Witterung hinaus müssen, um die Rene zu sammeln und zu bewachen, während der Rest der Familie in den Ortschaften arbeitet bzw. zur Schule geht. ­Während der intensiven Arbeitseinsätze helfen alle mit, Kinder wie Alte – jeder so gut er kann. Heutzutage gibt es Sami in den meisten Berufsgruppen und ­viele ­wohnen auch nicht mehr in den angestammten ­samischen Gebieten. Neue Beschäftigungszweige für die Sami sind z.B. Tourismus oder Mode-Design. Um das Auskommen zu sichern, ist es durchaus ­üblich, die Rentier-Haltung mit einer weiteren Beschäftigung zu kombinieren.
Die samischen Sprachen
Das Samische gehört zur selben Sprachfamilie wie das Finnische und das Ungarische. Eigentlich sollte man besser von drei samischen ­Sprachen sprechen: dem Ostsamischen, dem Zentral­samischen und dem Südsamischen. Da­rüber hinaus gibt es noch zahlreiche verschiedene Dialekte: Ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Staatsgrenzen im Norden das Gebiet der Sami aufgesplittert haben, ist, dass die Staats- nicht mit den Sprachgrenzen übereinstimmen. Die Unterschiede ­zwischen den samischen Sprachen können so groß sein wie zwischen deutsch und schwedisch. Wegen der im 19. Jahr­hundert vom schwedischen Staat be­­trie­be­nen „Schwedisierung“ können nicht mehr alle Sami ihre Muttersprache sprechen. Bei der heutigen jungen Generation ist der Wunsch groß, die verlo­rene Sprache wieder zu erlernen.
Samische Schulen
In Nordschweden gibt es an sechs Orten spezielle ­Schulen für Sami, vom Kindergarten-Alter bis zum zwölften Lebensjahr. Samisch ist ein Pflichtfach und die Unterweisung in samischer Kultur wird in den ­Unterricht einbezogen. Für Sami-Kinder besteht jedoch keine Pflicht, eine samische Schule zu besuchen. ­Sogar in den schwedischen Grundschulen besteht ein Recht auf muttersprachlichen Unterricht. Für nationale Minderheiten wird dieses Recht in der Theorie groß geschrieben, wenn es in der Praxis auch nicht immer funktioniert.